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„Frauen sind bessere Jäger als die Männer“

Vor einer Wand voller Geweihe, Hörner und präparierter Rehbockköpfe sitzt der Abbensener Berufsjäger Immo Ortlepp. Er bezeichnet sich als Freigeist und sagt: „Ich lebe meine Passion, ich darf sie Beruf ­nennen.“  Foto: J. Barmwoldt
Vor einer Wand voller Geweihe, Hörner und präparierter Rehbockköpfe sitzt der Abbensener Berufsjäger Immo Ortlepp. Er bezeichnet sich als Freigeist und sagt: „Ich lebe meine Passion, ich darf sie Beruf ­nennen.“
Foto: J. Barmwoldt

Abbensen (job). Einen normalen Tagesablauf gebe es bei ihm nicht, erzählt Immo Ortlepp (56). Der selbstständige Berufsjäger, einer von nur vier in Deutschland, sitzt in seinem mollig-warmen Domizil, dem Jagd- und Hegekonvent in Abbensen. Vor ihm auf dem Tisch liegt eine Kuhhaut, sie dient als Tischdecke. An der Wand hinter ihm hängt ein ausgestopfter Hase, er dient als Anschauungsmaterial in Jagdscheinkursen, die Ortlepp leitet. „Jeder meiner Tage ist anders.“ Mal werde ihm morgens um vier Uhr ein Pensionshund gebracht, erzählt der Vater von drei erwachsenen Kindern, mal gehe er früh auf die Jagd, mal kämen Kindergarten- oder Schulgruppen, mal müsse er einen Vortrag vorbereiten – oder einen Kindergeburtstag mit Dschungeltour und Picknick am Lagerfeuer. „Die Kinder dürfen sich wunderbar dreckig machen, das ist etwas Besonderes für sie“, sagt Immo Ortlepp und schmunzelt. Er möchte, dass die Menschen die Natur verstehen und respektieren. Die Entrückung der Bevölkerung von der Natur mache ihm Angst. So lernten angehende Jäger häufig erst in seinen Kursen den Unterschied zwischen Kaninchen und Hasen kennen, kritisiert Ortlepp. Der gebürtige Cuxhavener hat seinen Jagdschein bereits als 16-Jähriger gemacht. Mit 17 beschloss er, Berufsjäger zu werden. Die Jägerausbildung dauerte drei Jahre. Seit 1995 lebt er in Abbensen. „Frauen sind bessere Jäger als die meisten Männer“, hat er festgestellt. Denn Frauen jagten mit Herz und Verstand. Wenn eine Frau den Jagdschein mache, dann wolle sie der Natur etwas Gutes tun. Frauen huldigten nicht dem Trophäenkult. „Sie jagen für Fleisch“, sagt Immo Ortlepp. Wildfleisch sei frei von Antibiotika und Anabolika. Hirsche und Rehe ästen nur gute Gräser und Kräuter, Wild bekomme keine Nahrungsergänzungsmittel und nehme außer durch die Luft keine Schadstoffe auf. Radioaktivität sei in Niedersachsen kein Thema mehr. Problematisch findet Ortlepp hingegen die aktuelle Jagdpolitik. Das von Rot-Grün im Jahre 2001 beschlossene Niedersächsische Jagdgesetz war und ist seiner Meinung nach in Ordnung. „Wir brauchen kein neues.“ Was aktuell in der Planung sei, klinge nicht gut. Stichwort Winterfütterung: Wo Rot- und Damwild vorkomme, sei Winterfütterung notwendig, um Schäden für die Forstwirtschaft gering zu halten. Rehwild hingegen müsse in der Wedemark auch im Winter nicht gefüttert werden. Warum? Weil Rehe im Winter Knospen knabberten, diese seien voller Energie. Nur bei Harschschnee bräuchten sie zusätzliches Futter. Aber Singvögel sollten im Winter ruhig gefüttert werden. Das sei eine sehr schöne Art, um sich eine Artenkenntnis anzueignen. Füttern sei weder zu- noch abträglich, aber gut für den Sperber, der Singvögel in den Dörfern der Wedemark jage. Und was hält Immo Ortlepp vom Wolf? „Da habe ich eine ganz eigene Meinung!“, sagt er. Mehr wolle er aber vorerst nicht dazu sagen.

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