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Der Zeitdruck wächst – der Widerstand aber auch

Karl-Heinz Müller vom Verein „Bürger für Resse e.V.“ erläutert das Antragsverfahren für Suedlink und ALT 091 anhand von Tennet-Veröffentlichungen (einzusehen im Internet unter www.tennet.eu/de/home.html)
Karl-Heinz Müller vom Verein „Bürger für Resse e.V.“ erläutert das Antragsverfahren für Suedlink und ALT 091 anhand von Tennet-Veröffentlichungen (einzusehen im Internet unter www.tennet.eu/de/home.html)

Resse (lit). Wer am 5. Dezember in der voll besetzten Schulsporthalle in Resse auf neue Informationen aus erster Hand gehofft hatte, wurde gleich zu Beginn des Abends enttäuscht: Der Hauptakteur im Wedemärker Stromtrassen-Drama, die Firma Tennet, ließ sich über Karl-Heinz Müller vom Vorstand des Vereins „Bürger für Resse e.V.“ entschuldigen und stellte einen Ersatztermin in Aussicht: Am 22. Januar um 17 Uhr könne Dr. Christoph Thiel, Gesamtleiter für das Projekt Suedlink, an einem noch zu bestimmenden Ort in der Wedemark den Bürgerinnen und Bürgern der Region Rede und Antwort stehen. So blieb das Rätsel, wie der Netzbetreiber Tennet zu seiner Trassenfindung gelangt ist, welche Kriterien er dabei angelegt hat und warum ausgerechnet die Alternativtrasse ALT 091 mit ihren verheerenden Auswirkungen auf die Wedemark von Tennet präferiert wird, an diesem Abend praktisch ungelöst. Mit Erstaunen mussten die rund 250 Zuhörer erleben, dass selbst gestandene Politiker wie Prof. Axel Priebs, Erster Regionsrat und Dezernent für Umwelt, Planung und Bauen, oder der ehemalige Wedemärker Bürgermeister Tjark Bartels, nun Landrat im Landkreis Hameln-Pyrmont, vor allem den Internetauftritt der Firma Tennet bemühen, wenn sie Informationen zum Stand des Verfahrens brauchen. „Bis zum heutigen Tag verweigert Tennet jede Diskussion, die über die kleinräumige Betrachtung der Trassen hinausgeht, und hüllt sich in tiefes Schweigen auf die Fragen: Wie seid ihr auf die Trasse Mitte/West und ihre Alternativen gekommen, welche Kriterien habt ihr zugrunde gelegt, wie die Eingriffe bewertet?“ kritisierte Bartels. „Wir wollen nicht diskutieren, ob die Trasse links oder rechts am Dorf vorbei geht, sondern zu den Grobkorridoren Stellung beziehen!“ Was man derzeit mit Tennet erlebe, könne man auch als reine Willkür bezeichnen. Bartels bezweifelte die gute fachliche Praxis der bisherigen Planung und organisiert als Sprecher der betroffenen Landkreise nun den Widerstand. „Wir haben im Sommer das auf Planungsrecht spezialisierte Anwaltsbüro de Witt aus Berlin eingeschaltet, und jetzt außerdem ein Planungskonsortium damit beauftragt, das Verfahren fachlich eng zu begleiten und einer genauesten Begutachtung zu unterziehen.“ Bartels schloss den Rechtsweg nicht aus, sollten sich am Ende alle Befürchtungen bewahrheiten. Sein Unbehagen über den Planungsverlauf äußerte auch Regionsdezernent Axel Priebs. „Wir können nicht verstehen, warum ausgerechnet die Trassenführung durch die Region Hannover unter den vielen Möglichkeiten die beste sein soll“, monierte Priebs. „Da ist uns Tennet eine Auskunft schuldig!“ Der Dezernent betonte, dass mit dem eigens für die Energiewende geschaffenen Gesetz NABEG (Netzausbaubeschleunigungsgesetz) juristisches und politisches Neuland betreten werde. „Hier entwickelt ein privater Planungsträger – Tennet – ohne die Beteiligung von Behörden und Trägern öffentlicher Belange seinen Antrag“, kritisierte Priebs. Die Beteiligungsfristen seien nicht nur für Behörden, sondern auch die Bürger sehr kurz, die rechtlichen Möglichkeiten beschränkt. „Ausgerechnet Region und Kommunen, die nun am stärksten gefragt sind, können keine befriedigende Auskunft erteilen, weil sie selbst im Verfahren bislang nicht beteiligt worden sind.“ Die Bundesnetzagentur als zuständige Genehmigungs- und Fachbehörde müsse gewährleisten, dass der in Deutschland gute Planungsstandard mit den üblichen Beteiligungsmöglichkeiten auch mit dem neuen Gesetz Bestand habe. Noch befinde sich das Verfahren allerdings in einer Vorphase, erklärte Priebs. Bis Ende des Jahres werde Tennet gemäß § 6 NABEG bei der Bundesnetzagentur seinen Antrag auf eine Bundesfachplanung einreichen und damit das Hauptverfahren eröffnen. Darauf folge unverzüglich eine Antragskonferenz mit den Trägern öffentlicher Belange wie Kommunen, Landkreise, Behörden und Verbände. Betroffene Bundesländer könnten hier eigene Trassenvorschläge machen. Mit dem Einreichen eines daraufhin überarbeiteten Antrags nach § 8 NABEG werde es dann eng und ernst für alle Beteiligten, prophezeite Priebs. „Wir dürfen jetzt nicht schlafen!“, appellierte auch der Wedemärker Bürgermeister Helge Zychlinski an die Versammlung. Die Bürgergesellschaft Wedemark müsse sich mobilisieren. Die Gemeinde werde gemeinsam mit dem Verein „Bürger für Resse“ alles dafür tun, ihre Bürger auf dem Laufenden zu halten und sich permanent mit anderen Kommunen und Initiativen vernetzen, antwortete Zychlinski auf eine der vielen besorgten Fragen aus den Reihen der Zuhörerschaft. „Halten Sie solidarisch zusammen!“, riet Bartels allen Betroffenen. „Gemeinden und Kreise dürfen sich jetzt auf keinen Fall gegeneinander ausspielen lassen!“ Gemeinsam zu handeln sei der einzige Weg, das Recht auf eine gute und minimalinvasive Planung durchzusetzen. „Am Ball bleiben, sich mit aller Kraft einbringen, Tennet und Politiker anschreiben, sich vernetzen“ – das gab Müller den zahlreichen Menschen in der Sporthalle, darunter auch Vertreter von Bürgerinitiativen aus anderen Regionskommunen, mit auf den Heimweg. Den werden Viele wohl mit gemischten Gefühlen angetreten haben – Energiewende ja, aber um welchen Preis? Kontakt und­ ­nfo-Telefon: 05131/456813, Email: khmueller@khmueller.de Mehr zum Thema auf Seite 3 dieser Ausgabe.

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