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Helge Zychlinski mobilisiert für „Bergrettung 2.0“

Harald Platte, Jens Lindenburger, Klaus Mencke und Helge Zychlinski (von links nach rechts) liefern viele Fakten und gute Argumente gegen die Trasse Alt 091 über den Brelinger Berg.
Harald Platte, Jens Lindenburger, Klaus Mencke und Helge Zychlinski (von links nach rechts) liefern viele Fakten und gute Argumente gegen die Trasse Alt 091 über den Brelinger Berg. Foto: S. Littkemann

Wedemark (lit). Für viele in der Region kam sie scheinbar aus dem Nichts – die Höchstspannungsleitung Suedlink von Wilster nach Grafenrheinfeld. Seit ein paar Monaten ist auch die eher beschauliche Wedemark von einer bedrohlichen, weil bislang nur für wenige Insider nachvollziehbaren Planung betroffen. Dass die „Hauptschlagader der Energiewende“ wie Netzbetreiber Tennet die umstrittene Gleichstromtrasse in seinem Internetauftritt nennt, durchaus einen mehrjährigen politischen und planungsrechtlichen Vorlauf hatte, erfuhren die rund 70 Besucher am vergangenen Mittwoch bei einem Infoabend des Kulturvereins Brelinger Mitte. Ihren Anfang nahmen die Planungen mit dem Bundestagsbeschluss zum Atomausstieg und zur Energiewende im Juni 2011, erklärte der Brelinger Klaus Mencke, der den Abend moderierte. Daraus folgte die Notwendigkeit zum Umbau der Stromnetze. „Heute abend soll es darum gehen, das Verfahren verstehen zu können, zu wissen, wer hier wann was entscheidet und vor allem, an welchen Punkten die Bürger ein Mitspracherecht haben“, sagte Mencke. Die großen Spieler seien die Bundesnetzagentur als zuständige Behörde und Tennet als einer der vier großen Netzbetreiber. Wie kompliziert es sich tatsächlich darstellt, erklärten die Brelinger Jens Lindenburger und Harald Platte in ihren gründlich recherchierten Vorträgen, die die Zuhörer fachlich einstimmen sollten auf die zentrale Infoveranstaltung zu Suedlink am kommenden Donnerstag im Forum des Schulzentrums Mellendorf (s. Ankündigung). „Gehen Sie alle dorthin und bringen Sie sich ein!“, appellierte Lindenburger im Anschluss an seine Ausführungen zu den gesetzlichen Grundlagen des Planungs- und Genehmigungsverfahrens, für die er auf die Internetauftritte der Bundesnetzagentur (www.bundesnetzagentur.de) und Tennet (www.suedlink.tennet.eu) zurück gegriffen hatte. Um die Entscheidungskriterien für die Korridor – und Trassenauswahl ging es bei dem Referat des Landschaftsarchitekten Harald Platte. Dabei nahmen die Umweltauswirkungen auf Mensch und Natur einen breiten Raum ein. Beim Vergleich Erdkabel – Freileitungen gab es keinen eindeutigen „Gewinner“: Beide Stromleitungen haben ihre spezifischen negativen Umweltauswirkungen und sind nach Ansicht von Platte nicht durchgängig zu empfehlen. Besonderes Konfliktpotential mit umweltrelevanten Kriterien sah Platte in der Trassenvariante 091 über den Brelinger Berg und durch die Hannoversche Moorgeest, die noch immer von Tennet in Betracht gezogen wird. Ein Kabelgraben durch die Moorgeest würde durch seine Drainagewirkung die angrenzenden geschützten Moore in Mitleidenschaft ziehen, sagte Platte und machte die Dimensionen einer Erdkabeltrasse deutlich: „Ein Graben für zwei Kabelsysteme ist etwa 40 Meter breit und entspricht einer sechsspurigen Autobahn.“ Darauf dürften weder Bäume noch Gehölze wachsen. Platte erklärte auch das Prinzip des Raumwiderstandes, der sich aus unterschiedlich gewichteten Barrieren wie beispielsweise Bebauung, Verkehrstrassen und Naturschutzgebieten zusammensetzt und der von den Planern von Suedlink vorab analysiert wird. Dass Tennet den Raumwiderstand über den Brelinger Berg als weniger hoch erachte als bei den Trassen ALT 90 und ALT 92 entlang der A 7, könne nur bedeuten, dass man seine besondere Bedeutung für die Naherholung in der Wedemark nicht gesehen habe. „Wir fordern, dass lokale und regionale Werte und Funktionen wie die herausragende Bedeutung des Brelinger Berges und der mit EU-Mitteln geförderte Umbau zu einem naturnahen Laubwald auch berücksichtigt werden!“ Kämpferisch gab sich Bürgermeister Helge Zychlinksi bei seiner Einschätzung am Schluss des Abends. „Die Trasse 091 ist ein Frontalgriff auf unsere Gemeinde und wir werden Widerstand leisten bis quasi zur letzten Kugel!“ Es gebe genug solide und fachlich begründete Argumente gegen diese Trasse. Wichtig sei es nun, dass auch ein starkes politisches Signal in Richtung Bundesnetzagentur ausgesendet werde. „Wir müssen eine politische Duftnote setzen“, appellierte Zychlinksi an die Anwesenden. „Bringen Sie sich weiter ein, gehen Sie am Donnerstag zur Infoveranstaltung mit Tennet!“ Denn keiner wolle mit Suedlink eine Art Stuttgart 21 erleben. Auch in der Lokalpolitik ist die „Bergrettung 2.0“ (H. Zychlinksi) angelaufen: Der Rat wolle am 19. Januar eine Resolution beschließen, ferner eine fachliche Stellungnahme im Rahmen des Beteiligungsverfahrens erarbeiten, vernetze sich mit anderen betroffenen Kommunen und habe ein Fachanwaltsbüro engagiert.

Am Donnerstag, 22. Januar im Forum des Schulzentrums Mellendorf. 17 bis 18 Uhr: Informationen über Trassen und Verfahren durch Mitarbeiter von Tennet.  Ab 18 Uhr Podiumsdiskussion mit Helge Zychlinski (Bürgermeister Wedemark), Dr. Christoph Thiel (Projektleiter Suedlink bei Tennet), Karl-Heinz Müller (Bürger für Resse), Dr. Solveigh Janssen (Region Hannover), NN (Fachanwalt für öffentliches Recht)

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