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„Wenn wir jetzt aufhören, war alles umsonst“

Seit dem 8. Mai streiken die Erzieherinnen und Erzieher auch in der Wedemark. Wie lange noch ist offen. Foto: S. Littkmann
Seit dem 8. Mai streiken die Erzieherinnen und Erzieher auch in der Wedemark. Wie lange noch ist offen. Foto: S. Littkmann

Wedemark (lit). Mittwochmorgen, Tag zwölf des Kitastreiks im Norden: Die Gasträume des italienischen Restaurants Pinocchio am Elzer Bahnhof sind trotz der Tageszeit voll, es herrscht Betriebsamkeit. Rund 50 Erzieherinnen, darunter drei Männer, haben sich wie so oft in diesen Streiktagen zur morgendlichen Sitzung in ihrem Wedemärker Streiklokal versammelt. „Hier besprechen wir alles, planen und koordinieren unsere Aktionen, entwerfen Plakate, vernetzen uns“, erklärt Streikleiterin Monika Maas, Erzieherin im Hort Mellendorf. Maas ist wie alle hier im Raum Mitglied bei der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die am 8. Mai die Erzieherinnen und Erzieher in kommunalen Kindertagesstätten zu einer mittlerweile unbefristeten Arbeitsniederlegung aufrief. Unter dem Motto: „Sozial – und Erziehungsberufe – Richtig was wert“ kämpfen derzeit 240.000 Beschäftigte in Kindertagesstätten, aber auch in anderen kommunalen Erziehungseinrichtungen für eine deutliche Aufwertung ihres Berufsfeldes. „Die pädagogischen Ansprüche an die Erzieherinnen und Leitungen sind in den letzten Jahren enorm gestiegen“, sagt Maas. Sprachförderung, Bewegungserziehung, Frühförderung, Inklusion und Integration, Elternarbeit und Beratungen – all das gehöre mittlerweile zum Aufgabenspektrum von Erzieherinnen und selbst Sozialassistentinnen. „Dieser Entwicklung steht leider keine angemessene Vergütung gegenüber!“ So bekomme eine Erzieherin im ersten Berufsjahr 2311,21 Euro brutto und in der letzten Stufe 3211,97 Euro, eine Sozialassistentin gerade mal 1.995,46 brutto. Und das alles nur bei einer Vollzeitstelle. „Und die haben die wenigsten von uns“, sagt Maas. Hinter der ver.di-Forderung nach neuen tariflichen Eingruppierungen für Erzieher und verwandte Berufe, die letztlich zu rund zehn Prozent mehr Gehalt führen sollen, stünden alle Streikenden ohne Wenn und Aber. Dass es bei diesem Streik aber nicht nur um Geld geht, macht Horterzieher Reemt Bartels aus Bissendorf deutlich. „Wir streiken auch, weil wir bessere Bedingungen für uns und für die Kinder wollen!“, sagte Bartels. Dieser Aspekt komme leider immer wieder zu kurz in der öffentlichen Darstellung. „Wir fordern zum Beispiel einen besseren Betreuungsschlüssel für den Kita- und Hortbereich!“ Das Kita-Gesetz, das immer noch zwei Erzieherinnen pro Gruppe vorsehe, sei 23 Jahre alt und entspreche schon längst nicht mehr den pädagogischen Anforderungen und dem Niedersächsischen Bildungsplan. „Wir fordern eine dritte Kraft oder kleinere Gruppen!“ Das würden auch viele Eltern so sehen, sind sich die Streikenden sicher. „Viele Eltern reden mit uns, zeigen Verständnis oder motivieren uns sogar weiter zu machen“, erklärt Bartels. Er könne aber auch diejenigen verstehen, denen es jetzt reiche mit dem Streik. Dennoch: „Wir machen weiter, bis ein verhandlungsfähiges Angebot der Arbeitgeber vorliegt. Wenn wir jetzt aufhören, war alles umsonst!“ Seit Dezember rühre sich die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) nicht und habe bislang kein einziges ernsthaftes Verhandlungsangebot auf den Tisch gelegt, kritisiert Bartels. „Während wir hier streiken, machen manche VKA-Vertreter sogar Urlaub!“ Das zeige doch, wie wenig Wertschätzung die VKA für die Beschäftigten aufbringe. Also geht es weiter mit dem Arbeitskampf – und mit einem umfangreichen Streikprogramm, das alle hier auf Trab zu halten scheint. „Ich mache im Moment sogar mehr Stunden als während meiner regulären Arbeitszeit“, berichtet Horterzieherin Sandra Hentschel-Weimann. Etwas plastischer drückt es Maas aus: „Wir sitzen uns bestimmt nicht den Hintern platt und starren Löcher in die Luft.“ Am nächsten Tag ging es zu einer großen Kundgebung nach Hamburg.

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