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Erinnerungskultur mit Lehren für die Zukunft

Wedemark (sg). Der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust am 27. Januar war der Grund für die Beteiligten des Projektes „Geschichte der Wedemark 1930-1950″ das nunmehr dritte Symposium zum Thema direkt am darauffolgenden Montag im Forum des Schulzentrums Mellendorf abzuhalten. Vorgestellt wurde dabei der 5. Band der Buchreihe mit dem Titel „Kinder- und Jugendzeit in der Wedemark unter nationalsozialistischer Herrschaft, Der Alltag in den Dörfern im Spiegel von Zeitzeugenaussagen“ sowie die Ergebnisse der Untersuchungen, die die Schüler des Seminarkurses Geschichte des Gymnasiums Mellendorf in Vorbereitung für den etwa Ende März erscheinenden Band 6 erarbeitet haben. Das Forum war etwa drei viertel gefüllt, als Bürgermeister Helge Zychlinski nach der Eröffnungsmusik des Schülerorchesters des Gymnasiums Mellendorf alle Gäste mit den Worten begrüßte, „Wir haben jeder dafür zu sorgen das Ähnliches, was wir im 3. Reich erlebt haben, sich nicht wiederholen kann,“ begrüßte. Die Gymnasiastin Karin Thies eröffnete die Präsentation mit ihrem eigens für diesen Zweck gedichteten Poetryslam. Anschließend wurden die Schwerpunkte der aktuellen Veröffentlichung durch die Historikerin Dr. Sabine Paehr vorgestellt. Paehr erläuterte auch die Funktionsweise der Erinnerung und wies darauf hin, dass Erinnnerung sich verändert und Historiker bei ihrer Arbeit bewusst damit umgehen müssen. Als schließlich die Schüler die Bühne als Hauptakteure übernahmen, bedankten sie sich bei allen Unterstützern, ohne die diese aufwändige Forschungsarbeit nicht durchführbar gewesen wäre. Die Gymnasiasten hatten sich in monatelanger Recherche auch außerhalb der Schulstunden im Landesarchiv und in der Landesbibliothek mit dem Thema „Verfolgung und Ermordung kranker und behinderter Menschen auf dem Gebiet der heutigen Wedemark“ auseinandergesetzt. Sie führten im Wechsel die Zuhörer durch die Ergebnisse ihrer Arbeit, erläuterten das Menschenbild im Nationalsozialismus und erklärten Begriffe wie Eugenik, Euthanasie und Zwangssterilisation. Sie gaben einen Überblick über die Chronologie der Vernichtung vom Sozialdarwinismus bis zur Rassenhygiene und erklärten die gesetzlichen Grundlagen wie das Erbgesundheitsgesetz. Mit nüchternen und respektvollen Worten schilderte einer der Schüler den Weg eines Opfers vom ersten Transport bis zur Verbrennung der Leiche. „Wie wirtschaftlich nutzbar und sinnvoll ist ein Bürger für die Gesellschaft?“ war eine der Fragestellungen die auch hinter dem Schicksal von vier Wedemärker Bürgern standen, deren Leidensweg sie recherchiert hatten und über den sie in anonymisierter Form berichteten. Die Schüler gingen über den ursprünglichen zeitlichen Rahmen hinaus und präsentierten dem Publikum auch ihre Erkenntnisse über den Umgang mit den Opfern und Tätern nach 1950 bis heute. Täter wurden begnadigt, in verantwortliche Positionen befördert und konnten sorgenfrei leben, Opfer mussten hart und oft vergeblich um minimale Entschädigungen kämpfen, ist Teil des Fazits, dass die Schüler zogen. Das Zitat „Gedenken macht Leben menschlich, vergessen macht es unmenschlich:“ (Rita Süssmuth, 1993) diente als Abschluss der Schülerarbeit und als optischer Hintergrund für die Titelmusik des Films Schindlers Liste, mit dem das Schulorchester zum nächsten Programmpunkt überleitete. Die anschließende Festrede zum Kulturverlust einer Epoche und seiner Lehren für die Zukunft hielt der ehemalige Landtagspräsident Jürgen Gansäuer. Auch Gansäuer weist noch einmal besonders darauf hin, dass das Morden nach 1945 nicht aufhörte. Er betonte, dass niemand aus der Geschichte seines Landes aussteigen könne, dass wir aber den Dingen eine neue Richtung geben könnten. Mit dem Zitat des Schriftstellers Edmund Burke „Für den Sieg des Bösen reicht es, wenn die Guten nichts tun.“ beendete Gansäuer seine Rede. Der Projektkoordinator Dr. Franz Rainer Enste gibt den Hinweis, dass noch weitere Arbeiten im Rahmen dieses Projektes durchgeführt werden, auch wieder unter Beteiligung des Gymnasiums. Dem Schlusswort von Enste „Es lohnt sich mit voller Motivation an diesem Thema zu arbeiten. Der Auftrag: Weil eines klar sein muss – nie wieder Krieg, nie wieder Terror, nie wieder Demütigung von Menschen – dem dient diese Reihe!“ hat auch der Bürgermeister nur noch einen kurzen Dank und die Verkündung der Einladung der Schüler zu einer Berlin Reise durch die SPD-Bundestagsabgeordneten Caren Marks hinzuzufügen.

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