Aktuelles

Bürgerintiative trug die „Wohlfühlgemeinde” symbolisch zu Grabe

Wedemark (jo). Für die Ausweisung neuer Gewerbeflächen am Ortsrand von Gailhof haben am Montagabend der zuständige Ortsrat IV (Mellendorf, Gailhof) und gleich anschließend der Ausschuss für Planen und Bauen mehrheitlich den dazu notwendigen Flächennutzungsplan beschlossen. Im Ortsrat gab es zwei Stimmen gegen die Vorlage, von Ralf Göing (CDU) und Werner Husmann (SPD). Im Ausschuss Planen und Bauen war es Martin Schönhoff (Bündnis C/FDP), der sich dagegen aussprach, Angela Klingrad von den Grünen enthielt sich der Stimme. Eigentlich hätte in beiden Gremien auch über den B-Plan entschieden werden sollen, erst in der vergangenen Woche hatte die Gemeinde mitgeteilt, dass ein zusätzliches Umweltgutachten in Auftrag gegeben wurde, das den Waldstreifen am westlichen Rand des Planungsgebietes untersucht. Dies habe dem Wunsch der Bürgerinnen und Bürger entsprochen, teilte die Große Koalition in einer gemeinsamen Presseerklärung mit. Es sei weiterhin wichtig, dass alle Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit bekommen, sich umfassend über die Sachverhalte zu informieren, um auch weiterhin qualifiziert am Planungsprozess teilhaben zu können. Deshalb werde eine Verzögerung für die Beschlussfassung über den Bebauungsplan in Kauf genommen, die eine weitere Auslegung mit sich bringe. Gleichwohl heißt es weiter, dass die Änderung des Flächennutzungsplanes am 5. Oktober in der angesetzten Ratssitzung beschlossen werden könne: „Die Große Koalition hat weiterhin die Absicht, das Gebiet zu entwickeln. Wir, SPD und CDU setzen damit ein verlässliches Zeichen für die Betriebe in der Wedemark, die sich in ihrer Gemeinde weiterentwickeln wollen und betonen zugleich den Stellenwert der Öffentlichkeitsbeteiligung”, unterzeichneten die beiden Fraktionsvorsitzenden Jürgen Benk (SPD) und Rudi Ringe (CDU) die Pressemitteilung. Kurz zuvor hatte sich die Bürgerinitiative für Gailhof zusammen mit dem Verein Bürger für eine lebenswerte Wedemark in einer erneuten Protestaktion direkt vor dem Rathaus zu Wort gemeldet, bei der die rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer symbolisch die Wohlfühlgemeinde zu Grabe trugen. Ihre Befürchtungen und Sorgen rund um die Planungen für die als Gewerbe- und Industriegebiet beplante Fläche schrieben die Teilnehmer auf Karten und legten sie anschließend in einen Sarg. Unter anderem bestehen große Bedenken, dass der Schwerlastverkehr vor allem in den Ortsteilen Gailhof, Meitze und Elze weiter zunehmen werde, dass sich die Dorfbewohner nicht mehr sicher auf ihren Straßen bewegen können und auch die Lärmbelästigung zunehmen werde. Klar positionierte sich die Bürgerinitiative, dass sie durchaus mit der Ausweisung von Gewerbeflächen auf dem rund 20 Hektar großen Gelände leben könne, allerdings nicht mit der Planung, 9,4 Hektar davon als Industriegebiet auszuweisen. Wörtlich heißt es: „Das Gebiet soll, so die Argumente, für Logistik gedacht sein. Pikant ist, dass die Gemeinde die Nutzung dieses Industriegebietes auch in der Flächennutzungsplanänderung ganz bewusst offen lässt. Das bedeutet: Für Anwohner kann es langfristig sogar noch schlimmer kommen, denn die Vorgaben des Flächennutzungsplanes geben auch die Ansiedlung anderer, belastender Industrie her.” Vor allem im Rahmen der Ortsratssitzung nutzten Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, ihre offenen Fragen an die Vertreterinnen und Vertreter im Ortsrat zu stellen. Aber dabei blieb es nicht immer, besonders Ortsbürgermeisterin Jessica Borgas musste sich persönliche Angriffe gefallen lassen. Von Wahlbetrug war die Rede, sie habe den erfolgreichen Protest der Bürgerinitiative gegen die sogenannten „Mega-Hallen” in 2016 noch begrüßt und hätte sich gefreut, dass endlich die Blechhallen weg seien: „Dafür werden sie noch die Quittung bekommen,” hielt ihr ein Bürger vor. Borgas dagegen erinnerte daran, dass zu dem damaligen Zeitpunkt für die Gewerbefläche ausschließlich Logistiker vorgesehen waren: „Bei diesen erste Planungen war das Gebiet zu 100 Prozent als Industriegebiet vorgesehen, jetzt sind es weniger als 50 Prozent.” Und sogar eine Forderung nach ihrem Rücktritt wurde ausgesprochen genau wie der Vorwurf aus dem Publikum, dass es den Vertretern im Ortsrat und in der Politik doch eigentlich gar nicht um ein Gewerbegebiet gehe: „… eigentlich wollt ihr doch ein Industriegebiet schaffen, was uns richtig weh tut.” Auf die Frage, wie denn die vorgesehenen Logistikhallen im nördlichen Bereich der Gewerbefläche vermarktet würden, antwortete Wirtschaftsförderin Antonia Hingler, dass dies nicht dem Investor vorbehalten sei, sondern immer nur nach Absprache mit der Gemeindeverwaltung geschehe. Und sie betonte, dass eine Interessenabfrage für eine mögliche Ansiedlung im Industrie- und Gewerbegebiet ergeben habe, dass es aktuell 13 Interessenten für den gewerblichen Bereich des Gebietes gibt: „Dabei handelt es sich überwiegend um bereits in der Wedemark ansässige Betriebe”. Eine konkrete Vergabe von Flächen habe es noch nicht gegeben, es habe sich lediglich um eine Abfrage gehandelt: „Es sind also noch alle Flächen frei!”

mehr zeigen

dazu passende Artikel

Lesen Sie auch...

Close